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Die
Geschichte des VW Passat |
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Typ 32 / 33
alternativ
B1 | |
Die
Vorgeschichte: Begonnen hat es
einst
im Mai 1973. Damals, als der erste Passat
erschien, mochte niemand die Erfolgsstory vorhersehen.
Alle Zeichen standen auf Alarm. Die Erdöl-Krise
kündigte sich
an. In Wolfsburg war eine Krise anderer Art unübersehbar - zu
lange hatte sich Volkswagen auf den Heckantrieb mit
luftgekühltem
Boxermotor verlassen. Die Fahrzeuge waren robust, doch liefen sie der
technischen Entwicklung hinterher und waren für eine
kostengünstige Produktion zu aufwendig. Die Konstruktion
mußte einfacher, das Produkt moderner und attraktiver werden.
Unter dem Vorsitz von Kurt Lotz war das Problem erkannt.
Volkswagen
warf den aus der Erbmasse der schwäbischen Firma NSU (1969 fusionierte die
"Auto Union GmbH"
mit der "NSU Motorenwerke AG" zur späteren "Audi AG")
überkommenen
K 70 ins Rennen - als erstes Modell mit
wassergekühltem Motor und Frontantrieb. Zugleich wurde an
einer
eigenen Entwicklung gearbeitet.
Entwicklungsauftrag EA 272 lautet das Stichwort für einen
Prototypen, der im Wolfsburger Auto Museum aufbewahrt wird und schon
bemerkenswerte Züge des späteren Passat zeigt.
Allerdings kam die Arbeit schleppend voran. Rudolf Leiding war neu auf
den Wolfsburger Chefsessel berufen und brachte eine schnelle
Lösung. Er hatte die Volkswagen do Brasil geleitet und war
dort
aufgefallen mit eigenwilligen Autos, die aus dem luftgekühlten
Wolfsburger Programm gegriffen und neu zugeschnitten wurden.
Kurzfristig hatte er auch dem Wolfsburger Tochter-Unternehmen Audi in
Ingolstadt vorgestanden, wo ebenfalls ein schneller Programm-Wechsel
zum Überleben erforderlich war. Audi besaß bereits
eine
Problemlösung, den ersten Audi 80.
Leiding entschied kurzerhand, das Modell für Volkswagen zu
übernehmen. In wenigen Wochen wurde, bezeichnet mit dem
Entwicklungsauftrag EA 400, eine Anpassung betrieben, die das
Ingolstädter Stufenheck zum Wolfsburger Fließheck
wandelte.
Damit konnte Volkswagen an die Fließheck-Linie
anknüpfen, an
die die Kundschaft mit den vorausgegangen Heckmotor-Wagen
gewöhnt
war. Nichts schien in jenen Krisenjahren riskanter als ein abrupter
Wechsel zu einem völlig anders gearteten, neuen Fahrzeugmodell.
1973
| Der Passat
B1, mit
Kofferraum und frühem Frontantrieb
Umso überraschender dann der Erfolg des neuen Wagens! Ende Mai
1973 platzte Volkswagen in einer schleunigst in Zürich
anberaumten
internationalen Pressekonferenz mit dem Modell Passat heraus. Der Name
war den östlichen Passat-Winden entlehnt, die in
äquatorialen
Breiten wegen ihrer Beständigkeit seit Columbus und der
frühen Neuzeit von Bedeutung für Seefahrt und
Flugverkehr
sind.
Dieser erste Passat war ein leichter und kantiger Wagen mit hoher
Transportleistung. Selbsttragende Karosserie mit Platz für
fünf Personen. Zierleisten im Geschmack der Zeit. Vorn
längs
eingebaute und wassergekühlte Reihen-Vierzylinder mit
Viergang-Getriebe und Frontantrieb, hinten ein für
Volkswagen-Kunden ungewöhnlich großen Kofferraum mit
kleiner
Klappe unterhalb des Heckfensters. Dazu ein Fahrwerk mit Starrachse
hinten und Federbeinen vorn.
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Der
erste Passat. | |
Die Starachse mit ihren Schraubfedern und
Dämpfern, an
Längslenkern geführt und mit einer
Schrägstrebe gegen
seitliches Versetzen gesichert, war eine leichtgewichtige Konstruktion
mit guten Eigenschaften:
Sie hielt das Auto sauber in der Spur.
Hinzu kam die segensreiche Wirkung des Frontantriebs. Der Motor vorn,
folglich eine Verlagerung des Fahrzeug-Schwerpunktes nach vorn,
führte zu gut beherrschbarem untersteuernden Fahrverhalten,
das
dem Heckmotor-Volkswagen angenehm überlegen war.
Zum Geradeauslauf trug eine Neuerung bei - der negative Lenkrollradius
der Vorderräder. Audi hatte ihn entdeckt, Volkswagen zog mit.
Volkswagen-Käufer erlebten eine neue Dimension der
Fahrsicherheit.
Der erste Passat, heute ein anrührend altmodisches Auto, wurde
sofort zu Schlager, kletterte im ersten vollen Verkaufsjahr 1974 mit
133.000 Exemplaren auf Platz 1 unter den in Deutschland angebotenen
Autos und erreichte im Verlauf der siebenjährigen Produktion
bis
1980 eine Stückzahl von nahezu 2,6 Millionen. Wolfsburg gewann
eine neue Modell-Linie und hatte die Krise überwunden.
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Noch
im Jahr 1973 läuft der
100.000 Passat vom Band. |
Die
Scheinwerfer als Indiz für die Ausstattung:
rund für
das Basismodell,
oval für L- und LS-Versionen,
Doppelschweinwerfer für den TS. |
Dazu trug die
moderate Preisgestaltung bei. Der Passat kostete in der
einfachsten Ausführung zunächst knapp 8.500 DM und
war damit
nicht teurer als der bis dahin beliebte Heckmotor-Wagen VW 1600
Variant, der aus Vorsicht wie aus fertigungstechnischen
Gründen
noch eine Weile weiterlief. Er fiel erst weg, als Volkswagen im Herbst
1973, gut ein halbes Jahr nach der ersten Passat-Limousine, auch einen
Passat Variant in die Produktion gab und sich damit deutlich aus der
Audi-Verwandtschaft löste. Mit dem Variant war dem immanenten
Bedürfnis der Volkswagen-Käufer nach einem
für jeden
Transportzweck tauglichen Familienauto Rechnung getragen worden.
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Im
Frühjahr 1974 kommt der Variant auf den Markt. |
Passat-Gruppenbild
| Zusätzlich
zum Modell mit kleiner Heckklappe gab es die Limousine ab 1975 auch mit
großer Heckklappe. |
Nun gab es den Passat als
zweitürige oder viertürige
Limousine und als Kombiwagen mit fünf Türen und 500
kg Zuladung, und schon zeichnete sich die ganze Baureihe ab. Drei
Vierzylinder-Benzinmotoren standen zur Verfügung:
eine 1,3-Liter-Maschine mit 40 kW/55 PS und
zwei1,5-Liter-Motoren, der eine bot 55 kW/75 PS, der andere brachte es
mit Registervergaser auf 62 kW/85 PS und erreichte 170 km/h.
Damit zählten die Passat-Fahrer schon vor 30 Jahren zur
schnellen Truppe und hätten zweifellos noch mehr Freude an
ihren Fahrzeugen gehabt, wäre die Verklebung der Blechfalze
schon erfunden worden. Es gab Rost. Eine Modellpflege war erforderlich.
Der Korrosionsschutz wurde verbessert. Neue gewichtigere
Stoßfänger verliegen der feingliederigen
Passat-Silhouette ein markanteres Aussehen. Ein dreistufiges
Automatikgetriebe kam ins Angebot. Auch beflügelte ein
Einspritz-Triebwerk mit 81 kW/110 PS den Passat GLI. Die Limousinen
erhielten alternativ große Heckklappen und wurden damit zur
Konkurrenz
für den Variant. Dieser übrigens, entgegen
verbreitetem Irrtum, stellte nicht den Löwenanteil unter den
Verkäufen, sondern mit 500.000 Stück unter rund 2,6
Millionen des ersten Passat lediglich ein knappes Fünftel.
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1977
wird der Passat modifiziert: Neue Frontpartie mit massiven
Stoßfängern und geänderter Haube, die
kleine Kofferraumklappe fällt weg. |
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Chronologie:
1973 | Mai:
Vorstellung des Passat Juli:
Der
Passat B1 kommt auf den Markt Oktober:
Der
Variant folgt | 1975 | April:
Limousine als Schrägheck-Version mit großer
Heckklappe | 1976 | 22. Dezember:
Der 1.000.000 Passat läuft in Wolfsburg vom Band |
1977 | August:
Produktaufwertung (kunststoffummantelte Stoßfänger,
geänderte Front- und Heckpartie) | 1978 | März:
Ein
Dieselmotor mit 37 kW/50 PS kommt auf den Markt Oktober:
Vorstellung des Passat GLI mit 81 kW/110 PS |
1980 | 14. April:
Der
2.000.000 Passat läuft in Emden vom Band |
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